Neues aus dem Prozess gegen die bankrotte Börse FTX: Laut einer Aussage hat die Bank von FTX, Deltec, dem Hedge-Fonds Alameda Research erlaubt, Tether-Dollar auf Kredit zu kaufen. Dies ist nicht der erste Skandal um die Bank auf den Bahamas – und den Stablecoin USDT.
Im Gerichtsprozess um den Kollaps von FTX und den Gründer der bankrotten Börse , Sam Bankmann-Fried, kam kürzlich ein interessantes Detail ans Tageslicht, dessen Tragweite möglicherweise weit über FTX hinausgeht:
Deltec, die Bank von FTX, gewährte Alameda Research, dem Hedgefonds von Bankman-Fried, offenbar einen „geheimen“ Kredit, durch den dieser Tether (USDT) schaffen konnte. Laut einer Klage an einem Gericht in Florida erlaubte Deltec es Alameda, erst drei Tage später US-Dollar einzuzahlen, um für die USDT zu bezahlen, die er schon vorher bezogen hatte. Dies ermöglichte es dem Fonds, die USDT mit Gewinn auf dem Markt zu handeln oder zu verkaufen, bevor er sie bezahlt hatte.
Die Klage stützt sich auf eine Aussage von Caroline Ellison, ehemalige CEO von Alameda Research. Ellison sagte: „Wir können USDT per Kredit schaffen, indem wir einen inoffiziellen Kredit bei Deltec nutzen und die USDT mit Gewinn verkaufen, bevor wir mit einer Einzahlung von US-Dollar auf Deltecs Tether-Konto bezahlen!“
Die Bank bestreitet die Vorwürfe. Ihre Anwältin, Desiree Moore, erklärt, dass die Bank und ihre Manager nichts von einem Missbrauch gewusst hatten, bevor dieser öffentlich wurde. Die Anwältin sagte ferner, dass die Anschuldigungen vor allem von einer Person stammen, die derzeit selbst in einem Gerichtsverfahren stecke und sich mit einer Aussage gegen Deltec womöglich eine Strafmilderung erkaufen wolle.
Immer wieder Deltec …
Brisant ist die Klage, weil sie einem schon länger bestehendem Verdacht neue Nahrung gibt: dass Deltec im Zentrum halblegaler bis illegaler Kryptoaktivitäten in der Karibik steht. Die Bank mit Sitz auf den Bahamas wurde von Jean Chalopin gegründet, einem französischen ehemaligen Fernsehproduzenten, der etwa für „Inspector Gadget“ bekannt ist. Deltec ist nicht nur die Bank von FTX, sondern auch von anderen Krypto-Unternehmen, darunter der Stablecoin-Herausgeberin Tether.
Die Bank steht immer wieder im Zentrum von Skandalen und Gerichtsprozessen. So haben etwa im Sommer 2023 US-Behörden rund 58 Millionen Dollar von ihren Konten beschlagnahmt . Sie gingen offenbar auf einen „ Pig Butchering „-Betrug mit 150 Opfern zurück.
Wie das Magazin „Protos“ berichtet , war Chalopin das Bindeglied zwischen dem Football-Milliardär Joe Lewis und Sam Bankman-Fried. Joe hatte Sam Immobilien im Wert von 76 Millionen Dollar auf den Bahamas verkauft hatte, bevor er im Januar wegen Insiderhandel verurteilt wurde.
Die Verbindungen gehen jedoch weiter. So hat beispielsweise Alameda Research 11,5 Millionen Dollar in FHB investiert, ein Unternehmen von Chalopin. FBH hat daraufhin die Farmington State Bank gekauft und sie als Moonstone Bank neu firmiert. Die Bank verzeichnete kurz darauf einen extremen Anstieg der Einlagen von großen Summen, woran FTX nicht ganz unbeteiligt war. Für die Börse war die Bank ein willkommener Brückenkopf in die USA.
Und was ist mit Tether?
Die Tatsache, dass Deltec einst die wichtigste Bank des Stablecoin-Herausgebers Tether war und Alameda Research einer der wichtigsten Abnehmer frisch geschaffener Tether-Dollar, macht den Nexus noch verdächtiger. Im Raum steht hier der uralte Verdacht , dass Tether den Markt mit ungedeckten Dollar-Token manipuliert habe.
Laut Tether ist die Bedeutung von Deltec für den Stablecoin jedoch weitgehend verpufft. Während Deltec noch 2021 mehr als 26 Milliarden Dollar für Tether verwaltete, seien es 2023 nur noch lediglich 90 Millionen Dollar gewesen, was gerade mal 0,1 Prozent aller von Tether gehaltenen Assets entspricht. Falls es hier einen Skandal gibt, dürfte Tether ihm längst entwachsen sein.
Lebenslänglich für Sam
Und während Deltec und Caroline Ellison derzeit noch vor Gericht fechten, wurde Sam Bankman-Fried im vergangenen November schuldig gesprochen . Die Jury erklärte den ehemaligen FTX-Boss als Schuldigen in sieben Anklagepunkten, überwiegend des Betruges und der Geldwäsche bzw. der Anstiftung zu beidem. Aufgrund der Höhe der involvierten Beträge droht ihm eine Höchststrafe von 115 Jahren im Gefängnis.
Für diejenigen, die in FTX Geld verloren haben, zeichnet sich dagegen ein Happy End ab: Bankman-Fried hat große Summen in Startups investiert. Unter diesen haben zwar die meisten schlecht abgeschnitten, doch einige, insbesondere im Zusammenhang mit KI, haben massiv an Wert gewonnen. Daher erwartet der Insolvenzverwalter, dass er die ausstehenden Verbindlichkeiten im Umfang von rund zehn Milliarden Dollar vollständig zurückzahlen kann.
Damit ist die Börse FTX, trotz der Veruntreuung der Kundengelder und einer klaren Zahlungsunfähigkeit Ende 2022, wieder vollständig solvent. Wäre es nicht zu einer Art Bank Run gekommen, nachdem die miserable Bilanz von FTX enthüllt wurde, wäre heute vielleicht alles in Ordnung – für die Kunden und vor allem für Sam Bankman-Fried. Oder auch nicht.